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Impulse aus dem VSD-Arbeitskreis: Die Fitnessbranche erholt sich, aber langsam

Die Fitnessbranche hat in der Corona-Pandemie viel durchmachen müssen. Von einem Rekordwert mit 11,7 Millionen Mitgliedern stürzte sie geradezu auf 9,3 Millionen ab und verlor damit über 20 Prozent ihrer (zahlenden) Kunden. Das Geschäftsmodell vieler Fitnessstudios war ernsthaft in Gefahr. Mit dem Ende der Corona-Maßnahmen begann aber auch die Erholung der Branche, welche bis heute anhält. Die neuesten Zahlen zeigen große Schritte zur Normalität, zum alten Niveau fehlt aber noch ein Stück.

Eine aktuelle Umfrage des DSSV e.V., dem Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen, und der DHfPG, Deutsche Hochschule .für Prävention und Gesundheitsmanagement, konnte zum Stichtag 30.06.2023 feststellen, dass wieder rund 10,7 Millionen Mitgliedern in deutschen Fitnessstudios aktiv sind. Speziell das Segment Kette mit mehr als fünf Fitnessstudios konnte dabei glänzen und erreichte bereits höhere Werte als vor der Pandemie. Die “klassischen” Fitnessstudios im Sinne der inhabergeführten Einzelstudios hinken dagegen dem Trend hinterher und blicken noch immer auf eine um knapp 18 Prozent im Vergleich zu vor der Pandemie reduzierte Mitgliederbasis. 

Abbildung 1: Absolute Entwicklung der Mitgliederanzahl in der deutschen Fitness- und Gesundheitsbranche (Quelle: DSSV, 2023)

Auch in Sachen Trainingsverhalten lässt sich eine Änderung beobachten. Laut der gemeinsamen Studie von DSSV und DHfPG kamen die Mitglieder im ersten Halbjahr 2023 durchschnittlich rund 25 Prozent häufiger zum Training ins Studio als im Vorjahr. Dieser Trend ist insbesondere unter wirtschaftlichen Aspekten von großer Bedeutung, da die Wahrnehmung eines regelmäßigen Trainings im Studio mit einer niedrigeren Kündigungswahrscheinlichkeit korreliert. Ob dieser Trend anhält, da sich ein größeres Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung und das damit verbundene gesundheitsorientierte Training durchgesetzt hat, bleibt abzuwarten.

Eine weitere spannende Zahl aus der Umfrage ist die Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Situation durch die Studios. Konnte man in der Darstellung zum Jahreswechsel noch eine eher mittlere Einschätzung durch alle Segmente beobachten, so hat sich diese Einschätzung nun klar an die Ränder (gut vs. schlecht) verschoben. Allerdings unterscheiden sich auch hier die Segmente. Tendiert die Mehrheit der Ketten doch eher ins Positive (64%), so ist die Stimmung bei der Mehrheit der Einzelstudios (eher) schlecht (47%). 

Abbildung 2: Einschätzung der wirtschaftlichen Situation (Quelle: DSSV, 2023)

Was aber bedeutet dies alles für die Fitnessbranche in Zukunft? Der Blick in die Glaskugel ist natürlich immer extrem risikobehaftet, trotzdem möchte ich mich diesbezüglich positionieren. Meine persönliche Einschätzung in diesem Zusammenhang ist zweierlei. 

(1) Die Erholung der Fitnessbranche wird Ende 2023 nicht abgeschlossen sein

Beachtet man die aktuellen Zahlen und blick darüber hinaus auf die eigene Einschätzung der Fitnessstudioinhaber, so ist mit einer Erholung der Mitgliederzahlen in 2023 noch nicht zu rechnen. Da typischerweise das erste Quartal das stärkste Quartal des Jahres ist, die Branche aber gleichzeitig zum Stichtag der Halbjahresumfrage noch mehr als die Hälfte an notwendigen Neumitgliedern benötigt, um wieder auf das alte Vor-Corona-Niveau zu kommen, werden wir es dieses Jahr wohl nicht mehr schaffen. Meine Prognose ist, dass wir Ende des ersten Quartals 2024 wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehren. 

(2) Fitnessketten werden den Markt klar dominieren

Man kann es gut oder schlecht finden, für mich ist klar, die Fitnessbranche ist fest in der Hand der Kettenanbieter. Diese Entwicklung kommt nicht überraschend, deutliche Anzeichen dafür gab es bereits vor der Corona-Krise. Auch die deutlich positivere Einschätzung der persönlichen wirtschaftlichen Entwicklung durch die Ketten im Vergleich zu den Einzelstudios zeigt, dass sich dieser Trend durch die Corona-Pandemie wahrscheinlich noch beschleunigt hat. Meine Prognose ist hier eindeutig, die Entwicklung wird sich fortsetzen und die Fitnessketten zu dem bestimmten Marktfaktor werden, der die Einzelstudios einst waren. 

Die Zukunft ist natürlich immer unsicher, so dass ich mich bei meinen Prognosen gerne von der Realität überraschen lasse. In einem Punkt bin ich mir aber absolut sicher, die Fitnessbranche mit ihren 162.000 Mitarbeitern alleine in den Fitnessstudios ist definitiv eine Zukunftsbranche. 

Andreas M. Bechler. 04.09.2023

Sie haben Fragen oder Anregungen zu unserer Kolumne oder möchten sich gerne mit dem Autor austauschen? Hier können Sie mit Andreas M. Bechler in Kontakt treten.

Quellen: https://www.dssv.de/ergebnisbericht2023/